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Chronik des Rasteder Schützenvereins von 1859

 

Ursprung & Gründung (1859)

Im Herbst 1859 erfolgte die Gründung als „Rasteder Schießverein“ mit 23 mutigen Gründungsmitgliedern, die bereit waren, das Schützenbrauchtum und den gemeinsamen Sportgeist wachzuhalten. Der erste Schießstand entstand im damaligen Zollhaus Kleibrok. Da das Schießen auf hölzerne Vogel- oder Adlerscheiben üblich war, wurde hier bereits die Tradition des Königsschießens begründet.

  • 1. Direktor (Vorsitzender): Anton Brötje (Kleibrok)
  • 2. Direktor: Heinrich Neumeyer
  • Kassenführer: Friedrich Töpfen

Lokale Präsenz & erste Wettkämpfe (bis 1890)

Ab 1884 war das Vereinslokal der „Rasteder Hof“. Die jährlichen Schützenfeste fanden im idyllischen Kühlen Grunde statt – Johann Oltmanns führte dort eine kleine Gastwirtschaft in einem strohgedeckten Fachwerkhaus. Die Königswürde wurde öffentlich ausgeschossen, offen für alle Schützen, auch Nicht-Vereinsmitglieder.

Übergänge & Herausforderungen (1890–1902)

Nachdem die ursprüngliche Gaststätte verkauft wurde, errichtete der Verein eine hölzerne Schießhalle auf einer Wiese am heutigen Gemeindeheim. Unzureichende Sicherheitsmaßnahmen führten jedoch zu Beschwerden benachbarter Grundstücksbesitzer: Bleigeschosse flogen über die Kugelfänge hinaus. 1899 wurde vom Amtsgericht eine Pflicht erteilt, Sicherheitseinrichtungen zu verbessern – ein mildes Urteil, das jedoch schließlich zum Verzicht auf diesen Standort führte.

1891 wurde eine Wiese bei „Klocks Busch“ (heute Essens Busch) gepachtet und eine neue Schießanlage aufgebaut. Auch dieser Standort musste bald aufgegeben werden. Man erkannte schließlich, dass nur ein eigenes Gelände langfristige Sicherheit bieten konnte.

Errichtung der festen Schützenhalle (1900–1902)

Der Verein erwarb ein Grundstück an der Mühlenstraße und begann mit dem Bau einer neuen, dauerhaften Schützenhalle. Die damals enorme Summe von 14.000 Mark wurde durch eine Hypothek über 8.000 Mark und den Verkauf von 160 Schuldscheinen (à 25 Mark) aufgebracht.

  • 28.05.1902: Richtfest der Halle
  • 26.06.1902: Erste Mitgliederversammlung in der neuen Halle

Die notwendigen Kosten von rund 1½ Taler pro Mitglied wurden solidarisch getragen – ein beeindruckendes Zeichen gemeinschaftlicher Verantwortung.

Festliche Jubiläen und Weiterentwicklung

1909 wurde das 50-jährige Bestehen gefeiert. Großherzog Friedrich August stiftete eine prachtvolle Königskette – sie ist bis heute Teil der Amtsinsignien der Schützenkönige.

1919 fand erstmals seit Ende des Ersten Weltkrieges wieder ein Schützenfest statt. 1922 wurde eine Wohnung für den Schießmeister errichtet und 1924 die Jugendgruppe etabliert – der Nachwuchs begann, eine starke Rolle im Vereinsleben zu übernehmen.

1932 zählte der Verein bereits 74 Mitglieder.

Kriegsschäden und Wiederaufbau (1939–1959)

Während des Zweiten Weltkriegs funktionierte die Schützenhalle als Gefangenenlager. 1949 sammelten sich 14 Altmitglieder zur Wiedergründung. 1951 erhielt der Verein sein gesamtes beschlagnahmtes Vermögen zurück, ebenso die Hallenanlage. Zunächst wurde nur mit Luftgewehr geschossen, denn das Schießsportgerät war in dieser Zeit besser verfügbar.

Die alte Vereinsfahne war verloren – die neue, geweihte Fahne kehrte 1953 im großen Festmarsch zurück. 1956 zählte der Rasteder Verein bereits 100 Mitglieder. Im April 1959 wurden gleichzeitig das 100-jährige Vereins- und das 900-jährige Gemeindejubiläum gefeiert – ein symbolstarker Moment für Rastede und den Verein.

Moderne Erweiterungen (1959–2000)

1978 gründeten die Damen eine eigene Abteilung – ein mutiger Schritt. Obwohl anfangs skeptisch betrachtet, hat diese Abteilung heute die meisten aktiven Mitglieder. 1980 wurde das Kaiserschießen eingeführt: Das Kaiserpaar übernimmt repräsentative Aufgaben, wenn das Königspaar verhindert ist.

Aktuelle Struktur & Engagement (2000–heute)

Mit der Wahl von Ute Grund im Jahr 2004 zur ersten Präsidentin wurde ein bedeutender Meilenstein erreicht – der Verein ging einen wichtigen Schritt in Richtung Gleichberechtigung.

Seit 2008 nimmt der Verein wieder mit einer Schützen-Freihandmannschaft an Rundenwettkämpfen teil.

Mitgliederzahlen & Struktur

  • Damen: 28
  • Jugendliche: 6
  • Schützen (alle Altersgruppen): 69, darunter 27 über 70 Jahre

Wettkampf & Gemeinschaft

  • Teilnahme mit 5 Mannschaften an Rundenwettkämpfen
  • Freundschaftsschießen mit Gruppen wie Feuerwehr, RAC, Spielmannszug
  • Weihnachtsbasar im November (seit 2 Jahren)
  • Ausflüge und geselliges Beisammensein

Infrastruktur & Kooperationen

Heute verfügt der Verein über:

  • 4 Sportpistolenstände
  • 4 Kleinkaliberstände
  • 8 Luftgewehrstände

Die Räumlichkeiten, Schießstände und Außenbereiche wurden in den letzten Jahren kontinuierlich renoviert – auch dank finanzieller Unterstützung von Gemeinde, Landkreis und Kreissportbund.

Kooperationen bestehen mit der Kyffhäuser Kameradschaft Rastede und den Hundefreunden um Johann Tams – diese nutzen sonntags die Anlagen und unterstützen bei der Pflege.

Viele Vereinsmitglieder engagieren sich regelmäßig in Arbeitsdiensten, pflegen und reinigen das Gelände und sorgen für die nötige Verpflegung.

Vereinsleben & Tradition

Die Königsscheiben aller Könige und Königinnen sind im Saal aufgehängt – Besucher können sie bewundern. Das alljährliche Schützenfest soll allen Bürger:innen offenstehen, obwohl die Teilnahme zuletzt rückläufig ist.

Motivierter Ausblick

Über 165 Jahre traditionelle Schießsportführung, Gemeinschaft und Engagement sprechen für sich. Historische Kernwerte wie Zusammenhalt, Brauchtum und demokratisches Miteinander prägen den Rasteder Schützenverein bis heute – und bilden das stabile Fundament für seine Zukunft. Gemeinsam mit allen Generationen, spannenden Kooperationen und Offenheit für moderne Formate (Jugend, Kooperationen, Veranstaltungen) wird der Verein seine wichtige Rolle in Rastede weiter stärken und die Identifikation vor Ort fördern.

Historischer Kontext & zusätzliche Fakten

Rastede selbst liegt strategisch an der alten Friesischen Heerstraße und profitierte 1867 vom Eisenbahnbau nach Oldenburg, der den wirtschaftlichen Aufschwung begünstigte. Schon seit dem Mittelalter war das Schützenwesen in Deutschland verbreitet, als dörfliche Selbstverteidigung bis hin zu bürgerlichen Traditionen.

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